Tupperware wurde von Earl Silas Tupper (1907–1983) gegründet. 1946 brachte er seine gleichnamigen Aufbewahrungsbehälter aus Plastik auf den Markt. 1951 wurde Brownie Wise Marketing-Chefin von Tupperware. Ohne High-School-Abschluss, geschieden und alleinerziehende Mutter eines Kindes – Voraussetzungen, die man selbst heute, 70 Jahre nach ihrer Berufung, als suboptimal bezeichnen würde. Anfang der 1950er-Jahre jedoch kam das Ganze einer Sensation gleich.
1948 erste Tupperparty in Florida
Zuvor war Brownie Wise mit der von ihr konzipierten und 1948 erstmals veranstalteten Tupperparty in Florida zu einer sehr erfolgreichen Verkäuferin geworden. Ihre Partys waren an die von Stanley Home Products angelehnt, einem nach wie vor aktiven Direct Selling-Unternehmen.
Doch waren ihre Events spektakulärer und erregten so mehr Aufmerksamkeit. Sie schaffte es, die bei Kunden vorhandenen anfänglichen Vorbehalte den Plastik-Containern gegenüber zu beseitigen. Plastik war damals hauptsächlich durch militärische und kommerzielle Anwendung bekannt. Familien, die an Behälter aus Blech, Holz oder Glas gewöhnt waren, mussten erst einmal von seiner Benutzung überzeugt werden.
Wise war erste Frau, die es auf das Cover der Business Week schaffte
Wise gelang dies so gut, dass sie schließlich in das Unternehmen geholt wurde. Auch hier entpuppte sie sich als charismatische Führungsfigur und entwickelte die Unternehmenskultur der Tupperparty zu einem Markenzeichen. So wurde sie 1954 zur ersten Frau, die es auf das Cover des US-amerikanischen Handelsmagazins Business Week schaffte.
Zu ihrem Nachteil bekam sie jedoch nie einen formellen Vertrag von Tupperware. Dies machte sie in Zeiten, in denen Frauen für die „drei K“ Kinder, Küche, Kirche vorgesehen waren, durchaus verwundbar. Dass sie zum Gesicht Tupperwares auch auf allen Marketing-Postern wurde, änderte nichts daran. Markenloyalität und die Möglichkeit, durch den Partyverkauf persönlich zu wachsen, sorgten für den nötigen Zulauf von Beraterinnen.
Die Tupperware Glücksformel
Die Idee „ein Zuhause voller Glück, ein Leben voller Glück, eine Karriere voller Glück“, wurde glanzvoll verpackt. Die Idylle der Tupperpartys passte perfekt zu den damaligen amerikanischen Familienwerten. Newsletter sorgten dafür, dass erprobte, elegante Verkaufstechniken positiv auf potenzielle Gastgeberinnen abfärbten. Wer eine Party zu Hause veranstaltete, machte die Beraterin aus der Gegend zum Feenstaub versprühenden Stage-Act.
Die höchst persönlich gehaltenen gedruckten Einladungen ermutigten alle Eingeladenen, noch eine Freundin mitzubringen. Die eigenen vier Wände wurden für die Dauer der Party zum Kaufhaus, in dem die Beraterinnen zum Endverbraucherpreis verkauften und so die Handelsspanne auf den ihnen gewährten Einkaufspreis verdienten. Die Tupper-Beraterin erfuhr in den gesamten USA einen PR-Push an allen medialen Fronten.
Sie bot den gesellschaftlich in das enge Korsett der Nachkriegsgeneration eingezwängten Frauen einen bequemen Fluchtweg aus ihrem alltäglichen Käfig der Marke Haushalt und Familie verbunden mit der Möglichkeit eines eigenen Einkommens. Dank ihres Faibles für Tupperware übernahmen sie in Teilzeit die Rolle der unkonventionellen Vorstadt-Amateurstars. Teilweise übertrafen diese Frauen dank der von Wise konzipierten Homepartys nach einiger Zeit ihre Ehemänner vom Einkommen her und das im Rahmen eines leicht zu managenden Terminkalenders, in den 1950ern durchaus konfliktbeladener als heute.
Brownie Wise erhielt nur 30.000 Dollar Abfindung
Die Marketing-Chefin kommentierte dies legendär mit: „Wir bauen die Menschen auf, die anschließend das Geschäft aufbauen.“ Letztlich aber nutzte Brownie Wise ihr ganzer Ruhm nichts. So kam es 1958 zum Bruch mit Earl Silas Tupper, weil sie in der Öffentlichkeit als Eigentümerin des Unternehmens wahrgenommen wurde. Da sie keine Anteile an der Firma hielt, fand Tupper sie mit lediglich einem Jahresgehalt (30.000 US-Dollar) ab, bevor er sein Unternehmen für 16 Millionen US-Dollar verkaufte. 63 Jahre danach steht die Tupperparty als Synonym für einen von vielen Unternehmen genutzten Vertriebskanal. (FW)