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SBS LEGAL: Das müssen Direct-Selling-Companies beim Start in Deutschland beachten

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Wer in Deutschland mit einem Direct-Selling-Unternehmen starten möchte, findet ideale Voraussetzungen dafür vor. Dennoch sollte der Markteintritt gut vorbereitet sein, denn es gibt einige Dinge zu beachten – vor allem in rechtlicher Hinsicht. Im Folgenden beleuchtet Stephan Schulenberg von der Anwaltskanzlei SBS LEGAL verschiedene Aspekte, die bei der Planung wichtig sind: die Gesellschaftsform des Unternehmens, die Vertriebspartnerbedingungen, der Vergütungsplan, das Produkt selbst, die Zulässigkeit der Werbeaussagen, den Online-Shop sowie den Datenschutz. Was, wenn mein Unternehmen keinen Firmensitz in Deutschland hat? Wie wird das legale Multi-Level-Marketing-System vom illegalen Schneeballsystem abgegrenzt? Und darf ich eigentlich mit Aussagen zur Gesundheit werben?

Gesellschaftsform des Unternehmens

Bei der Wahl der Gesellschaftsform für ein Direct-Selling-Unternehmen spielen insbesondere steuerliche und haftungsrechtliche Aspekte die maßgebliche Rolle. So ist bei einem deutschen Start-up, also einem Unternehmensstart aus Deutschland heraus, grundsätzlich die GmbH zu empfehlen. Ansonsten ist es auch möglich, als Einzelkaufmann tätig zu werden. Nur sollte man da bei wachsender Größe darüber nachdenken, in eine andere Form zu wechseln – wie z.B. die GmbH.

Unternehmen aus dem Ausland

Bei einem Unternehmen, das aus einem anderen Land (z.B. den USA) den deutschen Markt betritt, ist es nicht unbedingt nötig, eine eigene Firma in Deutschland zu haben – zumindest rein rechtlich gesehen. Allerdings sprechen eine Reihe von Gründen trotzdem dafür, zusätzlich eine Firma in Deutschland zu gründen. Wieder geht es hierbei um steuerliche Aspekte, aber auch um die Zahlungsmodalitäten.

Eine deutsche Firma hat nämlich den Vorteil, dass Zahlungen aus und nach Deutschland besser abgewickelt werden können als vom Ausland aus. Zudem genießt ein ausländisches Unternehmen, das eine Firma in der BRD hat, natürlich größeres Vertrauen und Ansehen bei den Marktteilnehmern – insbesondere bei den Vertriebspartnern.

Denn diese schauen mittlerweile sehr genau hin, welchem Unternehmen sie sich anschließen: Handelt es sich um ein rein US-amerikanisches Unternehmen, das auch nur dort sitzt? Gibt es damit negative Erfahrungen, weil der Ansprechpartner einfach zu weit weg ist? Um solch einer Skepsis entgegenzuwirken, ist es für Direct-Selling-Unternehmen also durchaus zu empfehlen, einen Sitz in Deutschland zu haben. Man muss aber nicht gleich das ganze Geschäft nach Deutschland verlegen. Gerade US-amerikanische Unternehmen, die in der Bundesrepublik tätig werden wollen, wählen häufig eine Zwischenlösung: Sie gründen eine Service-GmbH in Deutschland.

Diese geht keinerlei Vertragsverhältnisse mit den Vertriebspartnern oder den Kunden ein, sondern beschränkt sich eben auf Service. Das heißt, sie unterstützt die Vertriebspartner, macht den Kundensupport und wickelt die Zahlungen ab, kümmert sich also um Zahlungseingänge und Provisionszahlungen. Wenn sich ein Unternehmen aus dem Ausland für so eine Zwischenlösung entscheidet, also in Deutschland eine Firma gründen möchte (z.B. eine GmbH), benötigt es hier eine Firmenadresse – und zwar mit physischem Büro.

Eine reine Briefkastenadresse reicht nicht aus. Zudem muss der Geschäftsführer mindestens einmal nach Deutschland reisen. Denn die Gründung der Firma erfolgt bei einem Notar in Deutschland. Dafür muss der Geschäftsführer dort erscheinen. Außerdem braucht die GmbH ein deutsches Bankkonto. Und auch für die Kontoeröffnung ist die Anwesenheit des Geschäftsführers vor Ort nötig. Dazu ein weiterer Hinweis vorab: Es kann sich manchmal schwierig gestalten, das Konto in Deutschland zu eröffnen.

Denn wegen der Geldwäscheverpflichtungen der Banken werden die Gesellschaftsstrukturen der Gesellschafter der deutschen Firma ausgiebig und bis ins Letzte durchleuchtet. Bei leisesten Zweifeln an der Seriosität verweigert die Bank eine Kontoeröffnung.

Man sollte also vorab selbst genau überprüfen, ob es möglicherweise Lücken im eigenen Unternehmen gibt und diese dann gegebenenfalls schließen – um ein Konto eröffnen, die GmbH gründen und so dann erfolgreich mit dem Unternehmen in Deutschland durchstarten zu können.

Zu beachten ist außerdem: Hat der Geschäftsführer der deutschen Firma seinen ständigen Sitz im Ausland hat, kann es gut sein, dass das deutsche Finanzamt sich dann für nicht zuständig erklärt. Es geht nämlich davon aus, dass der Geschäftsführer die Entscheidungen für die GmbH dort trifft, wo er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat – in diesem Fall also im Ausland. Und dann ist das dortige Finanzamt zuständig. Somit gilt unter solchen Umständen also auch das dortige Steuersystem für die GmbH.

Vertriebspartnerbedingungen

Die Vertriebspartnerbedingungen sind meist als allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) ausgestellt – und sie sind das Herzstück des Geschäfts! Einerseits dienen die Vertriebspartnerbedingungen nämlich dazu, das Vertriebssystem als legales Network-Marketing-System auszugestalten und von einem illegalen Schneeballsystem abzugrenzen. Andererseits werden darin auch das Verhältnis zwischen dem Unternehmen und seinen Vertriebspartnern und also auch der Status des Vertriebspartners geregelt.

Dieser Status ist von so großer Bedeutung, weil deutsche Gerichte im Zweifel zu dem Schluss kommen, die Vertriebspartner seien Handelsvertreter im Sinne des HGB. Und das bringt dann einige Pflichten mit sich, die gegenüber dem Vertriebspartner einhalten werden müssen. Für das Unternehmen ist es also äußerst wichtig, die Vertriebspartnerbedingungen so auszugestalten, dass kein Handelsvertreterverhältnis zustande kommt. Außerdem bestimmten die Vertriebspartnerbedingungen die Rechte und Pflichten der Vertriebspartner. So werden einige Fragen darin geklärt, die juristisch äußerst relevant werden können: Wie darf geworben werden? Ist es dem Vertriebspartner erlaubt, gleichzeitig für andere Network-Firmen tätig zu werden? Wie ist bei Verstößen seitens der Vertriebspartner zu verfahren? Welche Kündigungsfristen gelten? Insbesondere die letzte Frage sollte vertraglich geregelt werden.

Häufig streiten Unternehmen und Vertriebspartner nämlich darüber, ob eine Kündigung wirksam ist – und ziehen dafür bis vors Gericht. Da zeigt sich dann immer wieder, wie wichtig es ist, durch professionelle Geschäftsbedingungen optimal aufgestellt zu sein.

Und aufgepasst: Vertriebspartnerbedingungen aus dem Ausland, insbesondere den USA oder Asien, sind für den deutschen Markt nicht geeignet – auch wenn sie in die deutsche Sprache übersetzt wurden. Es handelt sich nämlich um vollkommen andere Rechtssysteme, sodass die dort geltenden Vertriebspartnerbedingungen in Deutschland juristisch normalerweise nicht gültig sind.

Der Vergütungsplan

Der Vergütungsplan bestimmt das Schicksal des Unternehmens. Daraus geht nämlich maßgeblich hervor, ob es sich bei dem Geschäftsmodell um ein legales Network-Marketing-System handelt – oder um ein Schneeballsystem im Sinne von §16, Absatz 2 (UWG). Solch ein Schneeballsystem ist rechtswidrig. Wer es betreibt oder daran teilnimmt, kann sogar zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden. Das gilt es natürlich unbedingt zu verhindern! Also, wann wird von einem legalen Network-Marketing-System ausgegangen? Der gängigen Rechtsprechung zufolge: Wenn der Fokus des Vertriebes auf den Absatz von Produkten an Endkunden ausgerichtet ist – und nicht überwiegend darauf, neue Vertriebspartner zu gewinnen.

Natürlich befindet man sich hier in einem ständigen Spannungsfeld, da es im Network-Marketing einfach dazugehört, neue Vertriebspartner zu akquirieren. Deswegen bewertet die Rechtsprechung hier nicht einzelne Elemente des Vergütungsplans, sondern nimmt eine Gesamtschau vor. Dadurch ist es immer möglich, verschiedene Stellschrauben so auszurichten, dass man zu dem wünschenswerten Ergebnis kommt – nämlich dass der Produktvertrieb im Vordergrund steht.

Allerdings ergibt sich die Rechtmäßigkeit des Systems nicht unbedingt nur aus dem Vergütungsplan selbst, sondern auch daraus, wie dieser Vergütungsplan tatsächlich von dem Vertrieb gelebt wird. Ein auf dem Papier legaler Vergütungsplan kann also falsch ausgeübt werden – z.B. wenn der Vertrieb vom eigentlichen Ziel Abstand nimmt und nur noch darauf fokussiert ist, neue Vertriebspartner anzuwerben, anstatt die Produkte an Endkunden zu verkaufen. Vor dem Start in Deutschland sollte also jeder Unternehmer seinen Vergütungsplan von einer Rechtsanwaltskanzlei prüfen lassen, die darauf spezialisiert ist und einem eine entsprechende Bestätigung zum Unternehmen ausstellt. Darüber hinaus kann auch ein Gutachten über die Rechtmäßigkeit des Vergütungsplans erstellt werden. Es hat sich gezeigt, dass so ein Gutachten im Falle von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft hilfreich ist.

Denn es legt die Rechtmäßigkeit dar. Falls also im Vertrieb tatsächlich mal grenzwertige Maßnahmen ergriffen wurden, sodass von einem rechtswidrigen Schneeballsystem auszugehen ist, kann die Geschäftsleitung freigesprochen werden – da sie selbst aufgrund des Gutachtens davon ausgehen durfte, es handele sich um ein rechtmäßiges Modell. Zu beachten ist hierbei nur, dass die Staatsanwaltschaft in derartigen Fällen oft meint, das sei nur ein Gefälligkeitsgutachten. Ihm würde keine objektive Bedeutung zukommen. Deswegen ist es umso wichtiger, dass das Gutachten nach objektiven Maßstäben und unter Berücksichtigung aller Aspekte des Vertriebssystems erstellt wird.

Das Produkt

Das Produkt muss in Deutschland legal sein und ohne Einschränkungen vertrieben werden können. Dies sollte man nachprüfen! Zum Beispiel bezüglich Nahrungsergänzungsmitteln oder Kosmetika – das sind die Produkte, die die meisten Network-Marketing-Unternehmen vertreiben. Für sie gibt es in Deutschland keine Behörde, die ihre Verkehrsfähigkeit prüft und zulässt. Vielmehr ist das Unternehmen selbst dafür verantwortlich, dass die Produkte verkehrsfähig und damit legal sind.

Bei Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmitteln sowie Kosmetikprodukten bedeutet dies: Einerseits muss die stoffliche Zusammensetzung muss legal sein. Und andererseits muss die Beschriftung auf den Umverpackungen den deutschen Regularien entsprechen. Zudem müssen in der EU Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika notifiziert werden. Das heißt, die Etiketten und Namen der Inverkehrbringer müssen vorab einmal bei einer entsprechenden Behörde angezeigt werden.

Zulässigkeit der Werbeaussagen

Es versteht sich von selbst, dass keine falschen und irreführenden Aussagen zu den Produkten getätigt werden dürfen. Zu allen Produktaussagen gilt: Sie müssen wissenschaftlich haltbar sein und im Zweifel auch bewiesen werden können. Bei Lebensmitteln müssen zudem alle Aussagen in gesundheitlicher Hinsicht erlaubt sein – und zwar durch die Health-Claims-Verordnung. Diese regelt nämlich, zu welchen Inhaltsstoffen welche zulässigen Aussagen getätigt werden können.

Und Achtung: Das Unternehmen sollte die Aussagen seiner Vertriebspartner kontrollieren – denn es haftet dafür! Tätigt also ein Vertriebspartner im Internet unzulässige Werbeaussagen für ein Produkt, so kann das Unternehmen dafür auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Online-Shop

Bezüglich des Online-Shops sind die deutschen E-Commerce-Regeln zu beachten – insbesondere das Widerrufsrecht und der Bestellvorgang. Dieser muss den deutschen Regeln entsprechen. Weiterzuempfehlen sind deutsche Kunden-AGB, damit auch hier klare Verhältnisse gelten.

Datenschutz

Alle in Deutschland und Europa tätigen Unternehmen müssen sich an die geltenden Datenschutzregeln halten. Dazu gehört, dass sie für ihre Kunden und Vertriebspartner eine Datenschutzerklärung bereithalten, in der darüber aufgeklärt wird, in welcher Form die Daten verarbeitet werden.

Unternehmen aus dem nicht-europäischen Ausland, die in Deutschland tätig werden möchten, benötigen zudem einen Datenschutzvertreter mit Sitz in der EU. Darüber hinaus müssen bestimmte Standardklauseln abgeschlossen werden, wenn man Daten in ein nicht-europäisches Land übertragen möchte.

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Stephan Schulenberg I SBS LEGAL

Stephan R. Schulenberg, LL.M. Eur., verheiratet und zweifacher Vater, ist Gründungspartner der Kanzlei. Als Begründer der Sparte „MLM-Recht“ im Jahre 2005 verfügt er über weitreichende Erfahrungen in allen rechtlichen Belangen von Network Marketing- und Direktvertriebsunternehmen. Zu seinen Mandanten gehört ein weites Spektrum vom kleinen Start Up-Unternehmen bis zu internationalen Schwergewichten, aber auch selbständige Führungskräfte und Handelsvertreter.

Rechtsanwalt Schulenberg gilt als ein Experte auf dem Gebiet der rechtlichen Bewertungen von Vergütungsplänen unter dem Aspekt des Verbots von Pyramiden bzw. Schneeballsystemen, § 16 Abs. 2 UWG, und hat in diesem Bereich die Rechtsprechung maßgeblich mitgeprägt.

Er führt regelmäßig gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Führungskräften aus dem Vertrieb bzw. Handelsvertretern gegen Vertriebsunternehmen, als auch behördliche Verfahren gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Außerdem begleitet Rechtsanwalt Schulenberg Wirtschaftsstrafverfahren, bei denen die rechtliche Bewertung von vertrieblichen Aktivitäten im Mittelpunkt steht. ebenso wie Online-Händler, Internet-Dienstleister und sonstige Direktvertriebsunternehmen.

Stephan R. Schulenberg, LL.M. Eur.
Rechtsanwalt & Spezialist für
MLM- und Vertriebsrecht
www.sbs-legal.de

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