Die Geschichte des direkten Verkaufs von Waren und Dienstleistungen ist so alt wie die Zivilisation selbst und dennoch gelten die USA als die Wiege des Network Marketings und als Erfinderland des Multi-Level-Marketings. Ein Vertriebsweg oder besser ein „Way of Life“, der immer mehr boomt und für den sich weltweit mehr als 100 Millionen Vertriebspartner neben- oder hauptberuflich entschieden haben. Hier gibt es sie noch zuhauf, die „Tellerwäscher zum Millionär Geschichten“, die nach wie vor eine besondere Faszination ausüben und symbolisch für den „American Way of Life“ stehen, der „amerikanischen Lebensart“, die in besonderem Maße von Individualismus, Freiheitsliebe und dem Streben nach Glück und Wohlstand geprägt ist.
Von Yankee-Peddlern bis Amway
Die Anfänge des Direktvertriebs gehen zurück bis in die Zeiten, als die Yankee-Peddler den Siedlern in ihren Planwagen folgten, um Haushaltsartikel, Pfannen, Töpfe, Medizin und Lebensmittel zu verkaufen.
Das Southwestern Publishing House gilt als ältestes bekanntes Direktvertriebsunternehmen in den USA, das 1855 von dem Baptistenprediger James Robert Graves gegründet wurde und Bibeln im „Door to Door Selling“ verkaufte.
Mit der Watkins Corporation entstand 1868 der erste echte Direktvertriebsgigant mit Verbrauchsartikeln, Gewürzen und Küchenprodukten, der in den 1940ern als größtes Direktvertriebsunternehmen der Welt galt.
Als David H. McConnel 1886 die Califonia Perfume Company gründete, ahnte niemand, dass hier der Grundstein für die 135-jährige Erfolgsgeschichte von Avon gelegt wurde.
Madam CJ Walker gelang es, die erste schwarzafrikanische Millionärin im Direktvertrieb zu werden und 1906 wurde der Bürstenvertrieb Fuller Brush gegründet, aus dem der legendäre „Fuller Brush Man“ hervorging, der symbolisch nicht nur für den Typus des erfolgreichen Verkäufers stand, sondern zur amerikanischen Kult-Ikone wurde.
Mit der Gründung von Regal Ware fiel der Startschuss für die Herstellung und den Direktvertrieb von Kochgeschirr, und mit Kirby und Rexair wurde das Fundament für den Vertrieb von Staubsaugern und Luftreinigungsgeräten gelegt. Somit standen die frühen Jahre ganz im Zeichen des klassischen Direktverkaufs, bis Norman Squires Ende der 1930er die zündende Idee für die Homeparty-Methode kam, die eine neue Ära im Direct-Selling einleitete.
Geburtsstunde des Multi-Level-Marketings
Zwei Jahre vor dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg startete Carl F. Rehnborg im Jahr 1934 mit Nutrilite, einem Unternehmen, das zuvor California Vitamin Company hieß, Vitaminprodukte und Nahrungsergänzungsmittel herzustellen und zu verkaufen. Ab 1945 wurden die Produkte exklusiv durch Lee S. Mytinger und William S. Casselberry, die angeblich auch das MLM-System erfunden haben sollen, vertrieben.
Wann genau allerdings die Geburtsstunde von MLM-Systemen war, ist nicht exakt dokumentiert, aber Rehnborg, Mytinger und Casselberry gelten als geistige Urväter des Multi-Level-Marketings, das aber sicherlich in den Anfängen nicht mit den komplexen Abrechnungssystemen der heutigen Zeit zu vergleichen war.
Mehrstufige Provisionen kamen einer Revolution gleich
Im Gegensatz zum herkömmlichen Direktverkauf, bei dem Provisionszahlungen maßgeblich von den eigenen erzielten Umsätzen erfolgten, war es durch ein mehrstufiges Vergütungssystem (MLM – Multi-Level-Marketing) erstmalig möglich, von den Leistungen und Umsätzen anderer innerhalb einer untergeordneten Vertriebsorganisation finanziell zu profitieren. Dies kam einer Revolution gleich, denn die Multiplikation von Zeit und Geld versprach echten bodenständigen Kapitalismus für den kleinen Mann.
Amway-Gründer waren Nutrilite Vertriebspartner
Als Jay van Andel und Richard DeVos 1949 bei Nutrilite starteten und erfolgreichste Vertriebspartner wurden, konnten sie dort entsprechendes vertriebliches Know-how bis zur Gründung der eigenen Amway Corporation im Jahre 1959 sammeln. Die Ära der Multi-Level-Marketing-Systeme hatte begonnen, als Amway, das heute führende Network-Marketing-Unternehmen, das Parkett betrat.
Zellteilung gehörte allerdings schon zur damaligen Zeit zur Branche.
Die Amway-Gründer entsprangen Nutrilite, während Brownie Wise, Mary Crowley und Mary Kay Ash zuvor für Stanley Home tätig waren und das von Norman Squires erfundene Partyplan-Konzept übernahmen, aus dem letztlich auch die Tupperparty entstand.
Es herrschte Aufbruchstimmung im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, und Anfang der 1960er-Jahre schossen in einem ungeregelten Markt zahlreiche Pyramiden und Ponzisysteme wie Pilze aus dem Boden. Prominente Beispiele waren die von Glenn Turner gegründeten Unternehmen Koscot und die „Dare to be Great Inc.“, die von der FTC exemplarisch als illegale Pyramidensysteme definiert wurden.
Nature’s Sunshine war dann 1972 eines der ersten von Mormonen in Utah gegründeten MLM-Unternehmen. Utah gilt mittlerweile als Silicon Valley für Network-Marketing-Unternehmen. 1978 entstand dann der von Rex Maughan in Scottsdale, Arizona, gegründete Aloe-Vera-Gigant Forever Living Products.